Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 7, Juli 2005

Kleine Ortschronik von Gramschütz

9. oder 10. Jahrhundert: wahrscheinlich erste Anfänge unseres Heimatdorfes

1290: erste Erwähnung des Adelsdorfes GRAMBOCIZ, es wird als deutsch bezeichnet und untersteht Herzog Conrad II. von Glogau

1. August 1298: Herzog Conrad II. von Glogau gibt dem Schulzen von GRAMBOCIZ die Erlaubnis, daselbst am fließenden Wasser eine Mühle zu erbauen zu erblichen Besitz und frei von allen Diensten

um 1300: es besteht in GRAMBOCZICZI nachweislich schon die Pfarrei, zu der auch Priedemost gehört

1305: Erwähnung des bischöflichen Zinsdorfes GRAMBOCZICZI

1337: Wandlung der Schreibweise des Ortsnamens in GRAMBOCZICZ, 1339 GRAMBOSCHICZ, und

1366: GRAMSCHICZ, während man 1376 GRAMSCHÜCZ schreibt und schon damals fast an der modernen Schreibweise angelangt war. Es ist eine Urkunde des Kardinals Johann zu Sankt Marcus

1376: erstmals wird eine katholische Kirche in GRAMSCHÜCZ erwähnt.

27. Oktober 1399: in einem Notariatsinstrument umfasst das Archivpresbyterat Glogau 26 Pfarreien, darunter das von GRAMSCHÜCZ

um 1460: es wird der spätere Bischof von Brandenburg und Havelberg Hironymus Scholz (Sculterus) als Sohn des GRAMSCHÜCZER Dorfscholzen geboren. Deshalb sollte 1938 unser Heimatdorf im Rahmen der Verdeutschung von Ortsnamen in >Bischofsfelde< umbenannt werden. Letztendlich ist es aber beim alten Namen GRAMSCHÜTZ geblieben

1520: Erwähnung eines Altarwerkes in der katholischen Kirche Sankt Martin

1552: Benutzung der katholischen Pfarrkirche durch die evangelische Gemeinde. Ritter Hans von Loß, Gutsherr auf GRAMSCHÜTZ; durch den die Reformation in GRAMSCHÜTZ Einzug gefunden hat, beruft Bartholomäus Kern als ersten Prediger nach GRAMSCHÜTZ

28. Juli 1564: Hans von Loß beruft Martin Hain als Pastor nach GRAMSCHÜTZ

1585: ab diesem Jahr gab es katholische Kirchenbücher in GRAMSCHÜTZ

1589: im Kirchenbuch wird ein Mathias Scholz erwähnt, Erbscholz zu GRAMSCHÜTZ

1597: stirbt Ritter Hans von Loß auf GRAMSCHÜTZ

02. Januar 1598: der erste Prediger in GRAMSCHÜTZ, Magister Bartholomäus Kern stirbt mit 79 Jahren

1627: in GRAMSCHÜTZ gibt es den Dorfschulzen Abraham Schulz

1650: die Prediger Pürschner und Knoll werden auf kaiserlichen Befehl von Glogau nach GRAMSCHÜTZ verwiesen, wo sie unter freiem Himmel auf dem Windmühlenberg Gottesdienste abhalten. Ende desselben Jahres werden sie aber zurückgeholt

11. August 1653: Enteignung der evangelischen Kirche im Zuge der Gegenreformation. Nach GRAMSCHÜTZ wird wieder ein katholischer Pfarrer geschickt, obwohl es nur eine katholische Familie im Dorf gibt. Den Evangelischen wurde noch eine Weile gestattet, wieder auf dem Windmühlenberg gottesdienstliche Handlungen abzuhalten.

28. Dezember 1653: den Katholiken wird die Kirche in GRAMSCHÜTZ zurück gegeben, die während der Reformationszeit evangelisch geworden war

23.Februar 1741: nachdem Friedrich der Große im 1. Schlesischen Krieg von Schlesien Besitz ergriffen hatte, war für beide Konfessionen die freie Religionsausführung gesichert, gemäß seinem Wahlspruch: >>Es soll ein jeder nach seiner Facon selig werden<< Erste evangelische Gottesdienste finden im Schloss statt, dann in der Reitschule von Loß. Erster Prediger ist Christian Scobel ....

1742: .....für den für 300 Reichstaler als Wohnung von Hans Bürger der "Mittel-Kretscham" gekauft wird

27. April 1754: der damalige Gutsherr, Amtsrat Rochau, schlägt ein Grundstück zum Bau eines evangelischen Gotteshauses vor

01. Mai 1754: feierliche Grundsteinlegung zum Kirchenbau an erwähntem Grundstück durch >huldvolle Schenkung< von König Friedrich II. Die Baukosten betrugen 3346 Reichstaler, 2 Silbergroschen und 4 Pfennige. Wann der erste Gottesdienst im neuen Gotteshaus stattgefunden hat, ist nicht festgehalten

1754: ab diesem Jahr gab es evangelische Kirchenbücher

1755: Frau Maria Elisabeth Kretschmer, Gattin des Administrators auf dem Dominium Priedemost, schenkt für das neue Gotteshaus das Altarbild >Christi Himmelfahrt<

1756: GRAMSCHÜTZ hat 867 Einwohner

1780: es wird in GRAMSCHÜTZ erstmals ein Schulhaus gebaut, weil bis dato der Unterricht der Kinder beider Konfessionen in der Wohnung des jeweiligen Lehrers stattfand

1786: unter Pastor Christian Hennig wird in GRAMSCHÜTZ für 1057 Reichstaler ein neues Pfarrhaus gebaut. Es trägt zuletzt die Haus-Nummer 80

30. Oktober 1810: im Zuge der Säkularisation (Enteignung durch den Staat) werden alle Kirchen und deren Besitztümer beschlagnahmt, u.a. auch unsere beiden GRAMSCHÜTZER Kirchen

Februar 1813: während den Befreiungskriegen ziehen russische Kosaken plündernd durch GRAMSCHÜTZ

01. September 1813: preußische Kavallerie unter dem Befehl des Grafen Henckel von Donnersmarck besetzt GRAMSCHÜTZ

1828: von Glogau nach GRAMSCHÜTZ wird eine Kunststraße (Chaussee) gebaut

01. Mai 1834: Einweihung eines neuen Schulhauses in GRAMSCHÜTZ

1845: GRAMSCHÜTZ hat 1306 Einwohner

1845: da Hochkirch, Quilitz und Görlitz eingepfarrt wurden, war unsere evangelische Kirche zu klein geworden. Es erfolgte deshalb ein Anbau, der 2500 Taler kostete. Das Gotteshaus bot jetzt Platz für 1200 Gläubige

01. Mai 1851: Grundsteinlegung für den Bau eines Glockenturmes für die evangelische Kirche unter Pastor Louis August Schumann

18. Oktober 1853: mit >Knopf und Kreuz< gekörnt wird der neue Kirchturm eingeweiht

21. Dezember 1853: feierliche Einholung von drei Glocken, 12 1/2 Zentner, 6 1/2 und 3 1/2 Zentner schwer

1858: in GRAMSCHÜTZ wohnen 1334 Personen

09. Januar 1871: Eröffnung der Bahnlinie Glogau - GRAMSCHÜTZ - Raudten - Liegnitz - Jauer - Striegau

30.01.1888: für 1650 Reichsmark werden von Bauerngutsbesitzer Johann Gottlieb Leißner 6067 qm Grund für einen evangelischen Friedhof gekauft. Der katholische Friedhof befand sich von jeher bei der katholischen Kirche

1888: GRAMSCHÜTZ erhält eine Apotheke. Der letzte Besitzer unserer ADLER-Apotheke war Apotheker Herr Gustav Stiller

1890: mit 1456 Seelen erreicht GRAMSCHÜTZ die größte Einwohnerzahl, die es nie wieder erreicht

1901: Gründung unserer Molkerei-Genossenschaft, die als e.G.m.b.H. beim Amtsgericht in Glogau eingetragen war und neben GRAMSCHÜTZ Milch aus 23 anderen Orten verarbeitete.

14. Oktober 1904: 150-jähriges Jubelfest der evangelischen Kirche unter Pastor Friedrich Adolph Weferling

1907: es gibt 1374 GRAMSCHÜTZER

1910: in GRAMSCHÜTZ gibt es 1412 Leute

1911: GRAMSCHÜTZ wird an die elektrische Stromversorgung angeschlossen

1913: unser Dorf erhält eine elektrische Straßenbeleuchtung

02. Juni 1915: feierlicher Einzug unseres letzten evangelischen Seelsorgers, Pastor Johannes Wieder

1916: die zwei größeren Glocken der evangelischen Kirche müssen für "Kriegszwecke" abgeliefert werden

1927: die evangelische Kirche hat durch Spenden in der Gemeinde wieder zwei neue Glocken erworben

1928: der zum Besitz der staatlichen Domäne gehörende Dorfteich geht kostenlos in Gemeindebesitz über

24. August 1939: die katholische Volksschule wird "zwangsaufgelöst". Es gibt in GRAMSCHÜTZ nur noch eine Gemeinschaftsschule

1941: zu unserer Gemeinde zählen 1361 Einwohner

1942: die jeweils zwei größeren Glocken beider Kirchen müssen abmontiert und für den "Endsieg" geopfert werden. Während die zwei Glocken der katholischen Kirche das Kriegsende überstehen und in Heidelberg und Dinslaken wieder ihren Dienst versehen, sind die beiden Glocken der evangelischen Kirche wahrscheinlich eingeschmolzen worden

21. Januar 1945: Pastor Johannes Wieder hält in der evangelischen Kirche den letzten Gottesdienst ab. Er stirbt am 13. Juli 1946 in Dessau, wenige Tage nach seinem 66. Geburtstag. - Der katholische Pfarrer und Erzpriester Karl Kinne schloss sich dem Treck nicht an und versah noch unter polnischer Verwaltung einige Zeit den Seelsorgedienst. Er verstarb 82-jährig am 08. Januar 1958 im Priesterheim Peterswaldau

26. Januar 1945: es geht an die Bevölkerung der Befehl zur Evakuierung

27. Januar 1945: der Leidensweg des GRAMSCHÜTZER Trecks beginnt bei viel Schnee und grimmiger Kälte und endet erst im Mai in der Gegend um Coburg in Oberfranken

30. Januar 1945: die 72. deutsche Infanterie-Division richtet im Haus von Dr. Neumeister ihren Gefechtsstand ein

07. Februar 1945: die letzten deutschen Soldaten räumen GRAMSCHÜTZ

09. Februar 1945: russische Truppen ziehen kampflos in GRAMSCHÜTZ ein. Damit endet die rund 1000-jährige Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Schlesien.

Hans Weilandt

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